Schatz auf Erden

Ein Haufen Müll oder ein Schatz auf Erden?

Da ging ich heulend, weil alles anders war als gedacht. In der rechten Hand den Griff meines Leiterwagens, den ich mit einem ganz schönen Gewicht beladen hinter mir her zog. Da ging ich also quer durch meinen halben Heimatort, heulend, auf dem Weg zum Altstoffsammelzentrum (das bei uns landläufig Bauhof genannt wird).

Es war befreiend und doch erschütternd, dass ich daran festgehalten hatte. Habsucht hatte ich mir anders vorgestellt. Ja, ich dachte, Habsucht, das ist doch das mit dem vielen Geld. Prunkvoll. Geizig. Seht ihr auch schon Dagobert Duck vor eurem geistigen Auge?

Angefangen hat alles wenige Wochen vorher, als mir klar wurde, dass ich es nun endlich durchziehen werde. Das Ausmisten. Es war ein Punkt erreicht, an dem die Belastung das ganze Zeug zu behalten größer geworden war, als der Verzicht nur sein konnte.

Außerdem hatte ich endlich ein einleuchtendes Werkzeug in die Hand bekommen, um den Unterschied zwischen Krempel und notwendigem Hab und Gut zu erkennen. Schon Jahre zuvor hat die berühmte Frage von Marie Kondo: „Does it spark joy?“ zu Deutsch: „Entfacht es Freude in dir?“ diesen Gedanken angestoßen. Aber vollendet wurde er in meinem Kopf erst durch Marla Cilley, die zwei Kriterien aufzählte. Entweder habe ich etwas

  1. regelmäßig in Gebrauch oder
  2. es macht mir wirklich Freude.

Und damit ist WIRKLICH Freude gemeint.

Dazu ein kleines Beispiel: Seit ich verheiratet bin und das sind mittlerweile acht Jahre, habe ich vor Obst einzukochen. Also habe ich stets Marmeladengläser gesammelt. Und das waren nach all den Jahren schon eine ganze Menge. Aber wenn ich ehrlich zu mir bin, ist das eine sehr theoretische Freude. In meiner jetzigen Lebenslage würde es mich eigentlich nur stressen. Die Zeit darf kommen, aber wenn es soweit ist, wird es immer noch Marmeladengläser in unserem Land geben. Ich muss mich bis dahin nicht mit ihnen belasten.

Nach diesem Grundsatz bin ich also nach und nach unseren ganzen Wohnbereich und anschließend den Dachboden durchgegangen und habe großzügig ausgemistet. Da unser Auto zu dieser Zeit noch auf einen neuen Zylinderkopf wartete, habe ich damit begonnen, jede Woche zu Fuß mit einem vollen Leiterwagen zum Bauhof zu pilgern.

An dem besagten Tag hatte ich eine ganze Kiste mit kaputten Kleidungsstücken geladen, die ich ja eigentlich noch irgendwann reparieren wollte. So schade um das ganze Zeug. Vieles davon war noch nicht viel getragen worden. Da blieb mal jemand wo hängen und das gute Stück hatte ein kleines Loch. Das wäre doch schnell erledigt, oder etwa nicht?

Offenbar nicht, sonst wäre es ja längst passiert. Und doch merkte ich eine Wehmut, die mich überollen wollte, als mir plötzlich ein Gedanke schoss. Ich musste an die Bergpredigt in Matthäus 6 denken und begriff plötzlich, was Habsucht eigentlich ist…

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