Schatz auf Erden

Was ist Habsucht eigentlich?

Letzte Woche habe ich dir davon erzählt, wie ich begann auszumisten. Auf dem Weg zum Bauhof hatte ich einen Gedanken über Habsucht und kaputte Kleidungsstücke, von denen ich mich endlich lösen konnte. Heute erzähle ich dir den Rest der Geschichte.

Jesus sagt in der Bergpredigt in Matthäus 6,19-21: Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, da sie die Motten und der Rost fressen und da die Diebe nachgraben und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel, da sie weder Motten noch Rost fressen und da die Diebe nicht nachgraben noch stehlen. Denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz.

Mein Herz hing an dieser Kiste mit kaputten Kleidungsstücken. Es wurmte mich, dass ich etwas dafür ausgegeben habe und ich sie jetzt einfach dahingab, anstatt sie zu reparieren und noch viele Jahre zu tragen. Gleichzeitig hatte ich zu dieser Zeit tatsächlich eine Not an Kleidungsstücken, da ich seit der Geburt meines zweiten Sohnes dermaßen überlastet war, dass ich es seit Monaten nicht hinbekam, ausreichend Kleidung für uns alle zu kaufen. Und mein Herz hing an den alten, kaputten Sachen. Mein tatsächlicher Mangel wurde mir bewusst, und auf einmal ergab es für mich Sinn.

Ich hatte wirklich Bedarf an den Kleidungsstücken in der Kiste, nur konnten wir sie im aktuellen Zustand nicht tragen. Anstatt auf Gott zu vertrauen, dass er mir Wege schenken würde, an gute Kleidung, die tatsächlich ihren Zweck erfüllt, zu kommen, hing ich an diesem Haufen Müll, der offenbar einer meiner Schätze auf Erden war.

Habsucht statt Gottvertrauen?

Und das war der Moment, an dem mir die Tränen kamen. Wie elend ich mich doch fühlte, mit dieser Erkenntnis, dass meine Habsucht so gar nicht prunkvoll war. Auf der anderen Seite weinte ich auch aus Erleichterung, weil mir klar wurde, dass euer himmlischer Vater weiß, daß ihr des alles bedürfet. (Matthäus 6,32)

Irgendein Knoten in meinem Kopf hatte sich gelöst. Der Knopf, durch den ich die alte Sparsamkeit der Nachkriegsgeneration übernommen hatte. Die Sparsamkeit meiner Vorfahren hatte sich mit Vorstellungen über Moral, Nachhaltigkeit und dem vermeintlich guten Leben verknotet. Ich erkannte, dass es auch eine positive Seite am Konsum gibt, die ich bisher ausgeklammert hatte. Nämlich die, dass die Wirtschaft uns für jedes Problem eine Lösung bietet. So abgedroschen das vielleicht klingen mag, wurde es doch für mich zur großen Erkenntnis.

John Eldredge hat einmal in einem Podcast von den Sorgen dieser Weltzeit gesprochen, die uns gefangen nehmen, obwohl sie es gar nicht dürften. Er bezieht sich dabei auf Markus 4,18-19:

Und diese sind’s, bei welchen unter die Dornen gesät ist: die das Wort hören, und die Sorgen dieser Welt und der betrügerische Reichtum und viele andere Lüste gehen hinein und ersticken das Wort, und es bleibt ohne Frucht.

Er erklärte, dass wir uns nicht in der Sorge um soziale Gerechtigkeit, den Klimawandel, Globalisierung usw. gefangen nehmen lassen brauchen. Unser himmlischer Vater sorgt für all das. Wir haben mit unserem Konsumverhalten zwar einen Einfluss auf den Markt, aber der einzelne Konsument in Europa kann die Verantwortung für die verlorene Kindheit unzähliger asiatischer Kinder nicht auf seine Schultern nehmen. Ich bleibe weiterhin ein Fan von Fair Fashion. Aber ich gestehe mir nach diesem Erlebnis auch ohne schlechtem Gewissen zu, bei konventionellen Kleidungsanbietern einzukaufen.

So trauerte ich zwar einem Merino-Pullover meines Sohnes nach, der ihm so gut gestanden hatte. Aber in Wirklichkeit hat er diesen Pullover ja nur aus einem Grund getragen: damit ihm warm bleibt. Und mit der neuen Freiheit nicht ständig hinterfragen zu müssen, sondern einfach zu kaufen, was wir brauchen, konnte ich dieses alte Lieblingsstück schließlich gehen lassen.

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