Pause

Ein Erfahrungsbericht meiner Selbstfürsorge: Handwerk

Ich hätte es nicht gedacht, aber es funktioniert. Obwohl es mir immer noch etwas rätselhaft ist. Ich hörte einmal von einer Mutter den Rat, etwas komplett anderes zu machen, wenn einem alles zu viel wird.

In meinen stark überreizten Zeiten hätte mir dieser Gedanke nur zusätzlichen Stress bereitet. Das liegt an folgendem Gedankenfehler: Ich dachte, dass ich alles, was ich angreife, möglichst perfekt und effizient machen und außerdem zeitnah abschließen sollte. Das führte dazu, dass ich mich davor scheute eine zusätzliche Tätigkeit zu beginnen. Dabei müssen wir nicht perfekt sein und auch nichts perfekt machen. Ein Bekannter aus meiner Gemeinde sagte einmal in einem Bibelkreis: „Perfektion ist nichts für diese Welt. Das kommt erst später.“ Dieser Satz hat mir enorm geholfen. Und was eben bei Überreizung helfen kann, ist eine konträre und möglichst monotone, manchmal auch kreative Tätigkeit.

Basteln

Ich habe mich bei dieser Übung meistens hingesetzt und das Baby-Tagebuch meiner Kinder weiter ausgefüllt. Dabei beschränke ich mich auf eine Doppelseite am Stück und probiere danach aus, wieder in meine täglichen Routinen zurückzukehren.

Du kannst aber alles Mögliche machen. Mein Mann hat an einem Wintermorgen spontan ein Blatt Papier und eine Schere genommen und begonnen Schneeflocken für unsere Fenster zu schneiden.

Ich halte es auch für denkbar, die Zeit zu nutzen, etwas zu verpacken, was versandt oder retourniert werden soll (diese Arbeit bleibt bei mir meistens liegen und schließlich erledigt sie in den meisten Fällen mein Mann).

Ihr merkt schon, ich fasse den Begriff „Basteln“ an dieser Stelle sehr weit. Im Grunde geht es nicht darum, hier die eigenen kreativen und handwerklichen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Es geht vielmehr darum die Situation, die zur Überreizung geführt hat, zu verlassen. Ein starker Kontrast der Pausensituation zu jener davor, erscheint mir dabei hilfreich.

Nähen

Ob mit der Hand oder der Maschine, ist ganz egal. Die einzige Frage ist, ob du gerne nähst. Wichtig ist hier außerdem, dass das Projekt möglichst griffbereit ist und ebenso schnell wieder verstaut werden kann. Hol also bitte nicht die Nähmaschine aus dem hintersten Winkel deines Dachbodens hervor. Manchmal reichen ein paar Stiche. Manchmal ist es gut, ein Stück Stoff zuzuschneiden. Frage dich aber bei jedem Arbeitsschritt, ob du noch weiter nähen möchtest, oder ob du dich bereits regeneriert hast. Und ganz wichtig: nutze deine Pause niemals für Bauchweh-Projekte. Wenn du jedes Mal beim Einnähen eines Zipps Angst hast, etwas zu ruinieren, dann nähe jetzt bitte keinen Zipp ein. Arbeite ruhig und bedacht. Und nur an etwas, das dir Freude bereitet.

Töpfern

Habe ich noch nie gemacht, stelle ich mir aber ganz wundervoll vor. Allerdings weiß ich nicht, wie aufwendig es ist, kurz etwas mit Ton zu machen. Womöglich kann es der kleine Lebensretter sein, ein bisschen Modelliermasse zu Hause zu haben und mit den Kindern gemeinsam für 15 Minuten etwas daraus zu formen. Wenn ich mich bei so einer Tätigkeit mit den Kindern wieder entspanne, zahlt es sich meistens aus, danach den Tisch und seine Umgebung ein weiteres Mal sauber zu machen. Denn eine entspannte Mama hat das im Nu erledigt und kann zu ihrer eigentlichen Tätigkeit zurückkehren.

Handarbeiten

Für alle, die es gerne machen, ist es eine gute Möglichkeit, zwischendurch eine Reihe zu stricken oder zu häkeln. Es dient wieder einmal dem einfachen Prinzip der Unterbrechung. Für mich war es unbedingt nötig zu lernen, eine belastende Situation zu unterbrechen. Erstarren und Funktionieren ist eine Traumafolge, die uns ziemlich gefangen nehmen kann. Es klingt nach einer Lappalie, kann aber Gold wert sein, wenn man zwischendurch kurz etwas ganz anderes macht und erst nachdem sich das Nervensystem wieder innerhalb des Stresstoleranzfensters bewegt, der ursprünglichen Tätigkeit zuwendet.

Das waren die handwerklichen Pausen-Übungen. Ich wünsche dir viel Freude beim Ausprobieren.

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