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Bibellesen als Vermeidungsstrategie

Was liest ein Erstleser? Irgendwelche Kinderliteratur mit bunten Buchstaben und in großer Schrift. Und was schreibt er ab? In meinem Fall waren es Bibelverse, die während dem Freien Wort im Sonntagsgottesdienst vorgelesen wurden. Neben Kinderbibeln, Bibelgeschichten auf Kassette und christlichen Kinderliedern war die „Erwachsenenbibel“ der nächste Schritt, zum Erwachsenwerden und irgendwie auch zur Sozialisation. Mich soll hier keiner falsch verstehen. Würde ich gefragt, was ich an meinem Elternhaus am meisten geschätzt habe, ist einer der ausschlaggebenden Punkte sicherlich genau das. Für mich war Gott immer schon da. Er war allgegenwärtig und von Anfang an präsent in meinem Alltag, weil er eine wichtige Rolle im Leben meiner Eltern spielte.

Mit acht Jahren begann ich in meiner ersten „normalen“ Bibel zu lesen. Ich glaube, es war damals eine Hoffnung Für Alle. Bald gab mir meine Mama ein Stille Zeit Heft, das die tägliche Bibellese etwas organisierte. Mit zwölf bekam ich meine zweite Bibel, eine Gute Nachricht. Ich glaube, dass ich mit diesem Exemplar erstmals die Bibel von vorne bis hinten durchlas. Ich war fasziniert, alle bekannten Geschichten in ihrem Zusammenhang zu lesen und beispielsweise zu erfahren, wie es nach König David und Salomo weiterging. Davor hatte mir noch keiner von der Teilung des Reiches Israel erzählt. Auch die Geschichten der Apostelgeschichte und den Missionsreisen von Paulus kannte ich nur auszugsweise. Esra, Nehemia oder die Erlebnisse von Jeremia waren mir weitestgehend neu und alles war sehr interessant für mich.

Lies die Bibel, bet‘ jeden Tag…

Mir war gesagt worden, dass man täglich in der Bibel lesen solle. Also versuchte ich mich so gut ich konnte daran zu halten. Phasenweise fiel es mir nicht einfach. Aber in anderen Phasen konnte ich gar nicht mehr aufhören. Ich liebe die Bibel! Egal, wie oft man die Passagen schon gelesen hat, man kann sein ganzen Leben lang noch mehr darin finden. Es ist ein nützliches Korrektiv für all die Sichtweisen und Weltbilder, die auf einen einströmen, egal ob inner- oder außergemeindlich.

Meines Fußes Leuchte

Ich verbinde sehr viel Gutes mit der Bibel und auch mit der persönlichen Bibellese. Und doch hatte ich im Laufe der Jahre immer wieder den Eindruck, mich auf einem schmalen Grat zu befinden. Es fiel mir oft leichter vier bis zehn Kapitel in der Bibel zu lesen als mich mit meinem Schöpfer auseinanderzusetzen. Wenn ich mich vor Gebet drücken wollte, wenn ich mir meinen eigenen Zustand nicht allzu genau ansehen wollte, war das Lesen in der Bibel ein willkommener Ausweg. Ich konnte „etwas Geistliches“ tun, ohne auf das leise Säuseln des Heiligen Geistes zu hören.

Noch dazu kam es äußerst gut an und gerade als junger Mensch, der es „schafft“ viel Zeit über dem Wort Gottes zu verbringen, erntet man oft Bestätigung. Mir fallen dazu die Pharisäer ein, die sogar ihr Gewürze verzehnteten, und dabei etwas viel Wichtigeres übersahen oder sich sogar bewusst weigerten, es zu tun.

Was ich damit sagen möchte, ist, dass Gott selbst noch viel wichtiger, größer und schöner ist als die Bibel, die er uns geschenkt hat. Das sollten wir niemals vergessen. Außerdem sollten wir darauf hören, wenn er uns in seiner sanftmütigen Art aufzeigt, dass wir uns hinter einer geistlichen Disziplin vor ihm verstecken. Wir brauchen nicht mehr vor ihm zu fliehen, wie die ersten Menschen, da der Weg zu ihm und zur Versöhnung bereits frei gemacht ist.

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