
Bewältigung einer Fehlgeburt: Teil 2
Heute schließe ich das Thema „Bewältigung einer Fehlgeburt“ ab und gebe noch ein paar Tipps zu diesem Thema. Es passt nicht alles zu jeder Frau, zu jedem Baby und jeder Schwangerschaft. Deshalb war es mir wichtig, möglichst viele verschiedene Wege aufzuzeigen, die dabei helfen können, eine Fehlgeburt zu verarbeiten. Wenn du für dich einen anderen Weg gefunden hast, den du super hilfreich fandest, kannst du gerne davon in den Kommentaren berichten.
Ein Lied oder Gedicht schreiben
Manchmal ist es einfacher die eigenen Gefühle in lyrischer Form auszudrücken. Du kannst ein Lied oder ein Gedicht schreiben, in dem du von deinem Baby, von deiner Schwangerschaft und allem, was dir auf dem Herzen brennt, erzählst. Anita Krenn hat das gemacht und ihr Lied mit dem Titel „Im ersten Moment“ auf YouTube hochgeladen. Mich hat es tief berührt, als ich es das erste Mal gehört habe.
Einen Brief an das Baby schreiben
Womöglich hast du auch ganz vieles, was du deinem Baby gerne gesagt oder zugesprochen hättest. Dem kannst du in einem Brief Ausdruck verleihen. Vielleicht legt dir Gott auch einen bestimmten Bibelvers aufs Herz, den du mit deinem Baby verbindest. Ich habe bei meiner vierten Fehlgeburt einen Bibelvers gefunden, der mich angesprochen hat und habe mir in meinem Tagebuch eine Doppelseite Platz genommen, um den Vers darauf zu gestalten.
Stellvertretend für dein Baby etwas pflanzen
Du kannst deinem Baby leider nicht beim Wachsen zusehen, aber vielleicht ist es tröstlich, etwas anderes zum Wachsen zu bringen, wenn es deinem Baby verwehrt bleibt. Pflanze einen Baum, einen Rosenstock oder eine andere mehrjährige Pflanze, die dich in den nächsten Jahren an dein verlorenes Baby erinnern und mit ihrer Schönheit trösten kann.
Einen Gedenktag festlegen
Möchtest du deinem Kind einen besonderen Platz in der Feierkultur deiner Familie schenken? Ich kann mir vorstellen, dass es hilfreich ist einen Tag im Jahr zu haben, an dem man sich Zeit zum Reflektieren nimmt, wie es einem mit der vergangenen Fehlgeburt geht. Solche Anlässe öffnen uns manchmal erst die Augen für den Weg und die Veränderung, die wir schon zurückgelegt haben. Womöglich fühlst du in einem Jahr auf eine Weise und im folgenden Jahr schon ganz anders.
Ute Horn schlägt folgende Bestandteile für einen Gedenktag vor, der beispielsweise am Tag der Ausschabung oder kleinen Geburt oder am errechneten Geburtstermin stattfinden kann.
- Geburtstagskuchen
- Karten/Briefe schreiben
- Bild malen
- einen Luftballon steigen lassen
- jemanden einladen, der kürzlich (oder auch schon länger her) eine Fehlgeburt erlebt hat und gerne darüber austauschen möchte
Sie schreibt außerdem: „Irgendwann werden Sie feststellen, dass Sie diese Gedenkfeiern nicht mehr brauchen. Dann ist es auch gut so. Sie müssen nicht krampfhaft etwas tun, nur weil es fast schon ein Ritual ist.“1
Weltweites Kerzenleuchten
Jedes Jahr am zweiten Sonntag im Dezember findet um 19 Uhr das weltweite Kerzenleuchten statt. Wenn du dich daran beteiligen möchtest, dann stell an diesem Tag um 19 Uhr eine Kerze für jedes verstorbene Kind von dir ans Fenster. Der Idee nach sollte bei dieser weltweiten Bewegung eine Lichterwelle innerhalb von 24 Stunden um alle Zeitzonen der Erde ziehen.
Ein Schmuckstück zur Erinnerung
Du kannst dir eine Kette, einen Ring, ein Armband oder ein anderes Schmuckstück kaufen, schenken lassen oder selbst herstellen, das du zum Andenken an dein Baby trägst. Wenn du, so wie ich, mehrere Kinder verloren hast, kann es auch ein Schmuckstück mit mehreren Anhängern sein. Für jedes Kind könnte ein anderer Anhänger stehen. Du kannst dir auch ein Tattoo stechen lassen, dass dich an dein gestorbenes Baby erinnert.
Erinnerung an die Geburt
Für lebende Babys wird oft ein Erinnerungsstück gestaltet, das alle wichtigen Daten der Geburt aufweist. Name, Geburtsdatum, Gewicht und Länge des Babys sind meistens Teil davon. Wenn es dir ein Bedürfnis ist, kannst du auch so ein Erinnerungsstück für dein fehlgeborenes Baby gestalten. Oft fehlen zwar manche der „klassischen“ Daten. Du kannst aber kreativ werden und die wichtigsten Eckpunkte zusammenfassen, die es im kurzen Leben deines Babys gab.
Sich kreativ ausdrücken
„Ein Blumenkranz, eine Collage, ein gemaltes Bild, eine Töpferei,“ schreibt Ute Horn: „können manchmal besser ausdrücken, was man nicht in Worte fassen kann, was man vielleicht selbst nicht weiß.“2
Sie schlägt außerdem vor eine Blume zu pressen, die in der Jahreszeit wächst, als dein Baby zur Welt kam. Als Lesezeichen oder eingerahmt an der Wand solle sie sich gut machen.3
Sich mit anderen Betroffenen umgeben
Es kann für manche hilfreich sein, eine Selbsthilfegruppe zu besuchen oder Veranstaltungen für verwaiste Eltern zu besuchen. Du wirst dort im Kontakt mit anderen erleben, dass du nicht die Einzige bist, die diesen Schmerz erlebt hat. Es gibt Menschen, die verstehen, weil sie dein Schicksal teilen.
Wer nicht in der Stimmung ist, neue Bekanntschaften zu machen und sich trotzdem dieses Erleben wünscht, kann sich Berichte anderer Fehlgeburten anhören und/oder durchlesen. Das Internet ist voll davon. Ich habe eine zeitlang einfach den Suchbegriff „Fehlgeburt“ auf YouTube eingegeben und dadurch viele Frauen gefunden, die öffentlich über ihre Erfahrungen sprechen.
Ein Ort der Trauer
Wenn du eine kleine Zeremonie zur Verabschiedung deines Babys abgehalten hast, kann dieser Ort für dich zu einem werden, an den du immer wieder zurückkehrst, wenn ein neuer Schwall der Trauer kommt. Auf manchen Friedhöfen steht eine Gedenkstätte für Sternenkinder. Dies wäre ebenfalls ein möglicher Ort, um zur Ruhe zu kommen. Aber im Grunde braucht es nicht viel für einen Ort der Trauer. Ruhe ist das wichtigste. Du solltest dort ungestört sein und dich sicher fühlen. Denn Trauerarbeit macht uns vulnerabel, bevor sie eine neue Stärke in uns wachsen lässt.
Die Trauer ziehen lassen
Es ist wichtig, die Trauer zuzulassen, wenn sie kommt. Genauso wichtig ist es auch sie wieder ziehen zu lassen, wenn sie vergeht. Ich halte es für ungesund Trauer erzeugen zu wollen, wenn keine da ist. Und auch das gibt es bei Fehlgeburten. Genauso ungesund ist es in der Trauer stecken zu bleiben und sich von ihr übermannen zu lassen. Sollte es dir so vorkommen, dass du nicht mehr aus der Trauer herauskommst und dein Leben über längere Zeit in einem Ausnahmezustand verweilt, aus dem du keinen Ausweg siehst, dann möchte ich dich ermutigen, dir Hilfe von einem Therapeuten, Seelsorger oder traumasensiblen Coach zur holen.
Aus dem Warum ein Wozu machen
Ute Horn schreibt in ihrem Buch „Leise wie ein Schmetterling“: „Im Menschen ist angelegt, immer wieder nach dem Warum zu fragen, und wenn wir schon auf das Warum keine Antwort bekommen, dann fragen wir nach dem Wozu. Wozu kann es gut sein? Wozu habe ich diese Erfahrung gemacht? […] Viele haben das Bedürfnis, dem Erlebten einen Sinn zu geben. […] Wenn Sie mit ihrer Trauerarbeit schon so weit sind, dass sie das Bedürfnis haben, auch anderen in ihrer Not zu helfen, gibt es mehrere Möglichkeiten sich zu engagieren. Sie können eine Patenschaft übernehmen, Kinder in Not beschenken, ins Krankenhaus als ehrenamtliche Mitarbeiterin gehen. Manche arbeiten in einer Selbsthilfegruppe mit oder gründen eine Selbsthilfegruppe. Wieder andere arbeiten mit, dass in ihrem Ort regelmäßig Gottesdienste für fehlgeborene Kinder angeboten werden oder dass eine Gedenkstätte für fehlgeborene Kinder auf dem Friedhof eingerichtet wird“4
Literatur:
Entsprechende Kapitel in: Ute Horn; Leise wie ein Schmetterling. Abschied vom fehlgeborenen Kind; 11. Edition 2022; SCM Hänssler;

